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40. Jahrestag | |
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Author: Dipl.-Ing. Jörn Lehweß-Litzmann | 24.08.2016 |
40. Jahrestag der Flugzeugkatastrophe von Königs Wusterhausen |
Am 14. August 1972 stürzte genau um 17.00 Uhr 11 km vom Flughafen Berlin-Schönefeld entfernt eine hier beheimatete Iljuschin IL-62 des Luftfahrtunternehmens INTERFLUG (IF) im Stadtgebiet von Königs Wusterhausen auf das Gelände des Wasserwerkes und Binnenhafens ab. Alle 156 Menschen an Bord, darunter vier Mann Cockpitcrew und vier Stewardessen, kamen ums Leben. |
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An der Brücke über den Nottekanal, erkannte ich ein-Stück vom Heckteil der Maschine mit der Aufschrift "SEA". Also hatte es ausgerechnet unser "Flaggschiff" mit dem Kennzeichen DM-SEA getroffen. Hatten wir etwa einen Fehler gemacht oder etwas Gravierendes übersehen? An der HauptabsturzsteIle bot sich ein Bild des Grauens. |
Der Mittelteil der Maschine lag rücklings im Gelände des Wasserwerkes und brannte unter starker Rauchentwicklung. Im Umkreis von 200 m waren die Menschen, die Gepäck- und Flugzeugteile aus dem vorderen Teil des Flugzeugs aufgeschlagen. Auf dem Gelände rannten viele Schaulustige, meist Jugendliche und Kinder, herum. Die noch wenigeN Polizeikräfte und örtlichen Feuerwehrleute waren überfordert. |
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Fast gleichzeitig mit mir traf die Flughafenfeuerwehr ein, die jetzt deutlich professioneller die Absicherung der Brandstelle sowie den kontrollierten Abbrand des Kraftstoffes übernahm, damit möglichst wenig den Boden und das Grundwasser verunreinigte.
Wir, spontan eingetroffenen Techniker des Luftfahrtunternehmens fanden uns zusammen und beratschlagten was zu tun sei. Augenzeugen berichteten, es habe eine Explosion über der Stadt gegeben, die das Heck hinter den Triebwerken abgelöst habe, beim Absturz habe sich die Maschine überschlagen und das Cockpit und ein Tragflächenaußenstück waren dabei abgebrochen. Als einzig anwesender Spezialist für die Geräteausrüstung konnte ich beisteuern, dass es keinen Sinn mache, in dem Gelände nach dem Havariedatenaufzeichnungsgerät (Blackbox) zu suchen, da es gemäß seinem Einbauort mit in dem brennenden Hauptteil liegen musste (wurde aber am folgenden Tag 230 m nordwestlich aufgefunden). |
Die Untersuchung ergab weiter, dass alle Manöver, Handlungen der Crew sowie der Dienste vor und während des Fluges exakt verlaufen waren. Die Besatzung konnte bis 1 min. vor dem Abriss des Hecks den Brand und die Gefahrensituation nicht erkennen. Aber durch Erhöhung des Triebwerksschubes in der letzten Minute hat sie womöglich noch Schlimmeres verhindert, indem die großen Flugzeugteile nicht die Freifläche hinter der Stadt wie auch dem Bahnhof erreichten. 60 der verstümmelten und stark verkohlten Leichen konnten nicht identifiziert werden. Mit einem Staatstrauerakt erhielten sie ihre letzte Ruhe- und Gedenkstätte auf dem Waldfriedhof des Nachbarortes Wildau. Die anderen Opfer wurden von ihren Angehörigen und Gemeinden beigesetzt. Die Anwohner der Absturzstelle, bei denen das Erlebnis in unauslöschlicher Erinnerung ist, errichteten und pflegen seitdem hier eine kleine Gedenkstätte. |
Die Staatliche Versicherung der DDR zahlte an die Angehörigen 1,7 Mio. Mark Entschädigungen. Die Beseitigung des Flurschadens kostete 507 TM. Der Leiter der Regierungskommission, Wilpert, empfahl der Regierung, "die Sache auf sich beruhen zu lassen", da er um die politische Brisanz in den kommunistischen "Bruder" Beziehungen wusste. Erich Honecker segnete die Empfehlung am 11. Dezember 1973 mit der Bemerkung: "Einverstanden" ab. Damit war auch geklärt, dass der Staatshaushalt der DDR für die notwendige Ersatzmaschine (40 Mio. Mark) und den Schadensausgleich aufkam. Für die Techniker der INTERFLUG war es fortan eherne Verpflichtung, den Heißluftsystemen ihrer Flugzeuge das besondere Augenmerk zu widmen. Man führte eine regelmäßige "Klima-Sonderkontrolle" ein, bei der das Rohrleitungssystem auf Dichtheit überprüft und die Verschraubungen nachgezogen wurden. Das Trauma der DM-SEA wirkte noch lange nach, im Übrigen auch bei Augenzeugen und Anwohnern. Ein auch nur in Ansätzen ähnliches Vorkommnis wiederholte sich nicht. |
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